Die Arbeit Versammlungen schließt an die Werkreihen Bewahrungen und Sie kehrt um und lacht an. Wie diese schöpft auch Versammlungen aus einem weitverzweigten Familienfundus. In den daraus entstehenden Werkreihen werden Objekte und Bildmaterial nach bestimmten Kriterien ausgewählt, freigelegt, in andere Zusammenhänge gestellt und erhalten so eine neue Bedeutung. Ordnungssysteme und relationale Verknüpfungen stehen hierbei im Fokus der Künstlerin.
Bei Versammlungen konzentriert sich Hommelsheim auf Gruppenbilder mit Familienangehörigen aus unterschiedlichen Zeiten, die als Ausgangspunkt ihrer Recherche dienen. Durch Übermalen des Hintergrundes werden die Personengruppen „freigestellt“. Der zeitliche und soziale Kontext wird auf diese Weise zurückgedrängt, bleibt aber latent erhalten und schimmert mal mehr mal weniger durch die Farbflächen. Mit der Nivelierung des Umfeldes rücken die Gruppe als Einheit und die Beziehungen der einzelnen Personen ins Zentrum der Betrachtung. In thematischen Verknüpfungen werden dann die einzelnen Gruppenbilder zusammengestellt, jede mit einem anderen inhaltlichen Schwerpunkt.
Ruth Hommelsheim betreibt eine Archäologie der Repräsentationsformen von Familie, die durch das Freistellen und neu Kombinieren deutlich werden. Für die Künstlerin zeigen sich hier Spuren eines kollektiven Gedächtnisses, die Verbindungslinien aufzeigen zu historischen Gruppendarstellungen in Gesten, Haltungen und Komposition.
Nach Latour ist die Gruppe, die Versammlung nicht Objekt, sondern Medium der Unbestimmtheit performativer gesellschaftlicher Praxis, in die sich situatives Wissen einlagert. Daraus ergibt sich, dass Versammlungen nicht als gegebene Substrate zu lesen sind, sondern erst in dem erneuten Verknüpfen von Material zu uns sprechen:
„Wenn man das Fest nicht jetzt durchführt ... verliert man ganz einfach die Gruppierung, die kein zu restaurierendes Gebäude ist, sondern eine fortzusetzende Bewegung.“